Tod und Überleben

Die Verhaftung von Binne Roorda

Am 7. Februar 1945 wurden die BewohnerInnen des Hauses von deutschen Soldaten geweckt, die an der Tür klingelten und klopften. Für einen solchen Fall hatte der handwerklich geschickte Gerrit ein Versteck in einem Hohlraum hinter einem Bücherregal eingerichtet. Dort versteckten sich die Jüdinnen und Juden, die durch einen herausgenommenen Ziegel in der Außenwand Luft bekamen. Auch Binnes Söhne Philippus und Gerrit mussten sich unter dem Dielenboden verstecken, denn sie hatten sich dem Kriegsdienst entzogen.

Der Zeitzeuge Ben van Dam erlebte die Zeit im Versteck als Kind
     Mein Bruder und ich waren dort wie Embryos zusammengefaltet auf einem Bord über allen anderen. Also wie Embryos, so waren wir dort aufgesetzt. Das war keine so lange Zeit, ungefähr so eine halbe Stunde, sicherlich weniger als eine Stunde. Man kann sich nicht lange so halten. Großmutter wurde ohnmächtig, und es war verboten, ein Wort zu sprechen und das hat uns gerettet. Man hat die Juden nicht gefunden. Das war die kritische Situation und für mich war es ganz besonders traumatisch.        
– Ben van Dam  
 

Binne Roorda hielt die Tür verschlossen, damit die deutschen Soldaten nicht hereinkommen und alle in ihre Verstecke gelangen konnten. Die Deutschen schlugen ein Fenster neben der Haustür ein und warfen eine Tränengasgranate in das Haus.

Der Spalt in der Außenwand
Die Außenwand des Hauses

Glücklicherweise bekamen die Personen im Versteck durch das Loch in der Wand dennoch Luft. Schließlich öffnete Binne Roorda die Tür. Ein deutscher Soldat ging ins Haus, entdeckte jedoch die versteckten Personen nicht.

Binne Roorda wurde verhaftet und zunächst zum Verhör ins Scholtenhuis gebracht.
Nach Binnes Verhaftung kümmerten sich die Haushälterin Maaike de Zoete und die erst 15-jährige Tochter Foekje um neue Verstecke für die Jüdinnen und Juden. Rosa wurde von Foekje in ein Haus in der Kerklaan in Groningen gebracht, wo sie bis zur Befreiung am 5. Mai 1945 blieb. Alle acht versteckten Jüdinnen und Juden überlebten die Shoah.

Binne Roordas Tod

Warum Binne Roorda ins Visier der Deutschen geriet, lässt sich nicht mehr eindeutig rekonstruieren. Vermutlich stießen die Nationalsozialisten bei Razzien und der Zerschlagung der Widerstandsgruppe „de Groet“ auf seinen Namen. Binne Roorda wurde am 17. März 1945 in das KZ Neuengamme und drei Wochen später in das Lager Sandborstel gebracht, wo er vermutlich am 24. April an Erschöpfung gestorben ist.

Das Scholtenhuis war ein repräsentatives Gebäude in Groningen, das von den Besatzern requiriert wurde und in dem die Sicherheitspolizei (Sipo) und der Sicherheitsdienst (SD) der Deutschen residierten.Die Kinder Binne Roordas in den 1960ern mit Maaike de Zoete in der MitteDie Auszeichnung „Gerechter unter den Völkern“ für Binne RoordaStolpersteinverlegung am 16.05.2019Der Stolperstein an der Ernst Casimirlaan 4a

Am 8. September 1996 wurde Binne Roorda von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern“ ausgezeichnet. Am 16. Mai 2019 wurde vor dem Haus in der Ernst Casimirlaan 4a ein Stolperstein verlegt, um an Binne Roorda und die dort versteckten Jüdinnen und Juden zu erinnern.

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